Bei uns im Familienalltag geht es oft recht hektisch und
chaotisch zu. Und obwohl das natürlich eine tolle Gelegenheit ist, meine noch spärlich ausgebildeten Eltern-Survival-Skills wie Schnelligkeit, Multitasking und Improvisationstalent zu trainieren, wünsche ich mir doch oft mehr Ruhe und Achtsamkeit,
um die Zeit mit meinen kleinen Kindern zu genießen und mehr im Hier und Jetzt
zu leben. Da nur wünschen in solchen Fällen erfahrungsgemäß nicht ausreicht,
habe ich mir vorgenommen, gezielt ein paar typische Situationen aus
unserem Familienalltag unter die Lupe zu
nehmen und zu schauen, wie wir die achtsam(er) gestalten können. Nachdem es im
ersten Teil dieser Beitragsreihe um das achtsame Vorlesen ging, ist heute das Thema Körperpflege
an der Reihe.
Achtsamkeit und Kleinkind-Körperflege – (Wie) passt das zusammen?
Achtsamkeit bedeutet, dass man mit seiner Aufmerksamkeit
ganz im gegenwärtigen Moment ist und diesen ganz bewusst, intensiv und
unmittelbar erlebt. Im ersten Teil meiner Achtsamkeitsreihe zum Thema Vorlesen war das mit der Achtsamkiet ja (für mich) noch relativ einfach: Schön aufs Sofa oder ins Bett
gekuschelt fällt es mir relativ leicht, mich achtsam auf das Kind und die
Geschichte und den gegenwärtigen Moment einzulassen.
Bei uns im Bad dagegen geht es oft relativ wuselig und wenig achtsam zu: Hier
wickeln, dort Zähne putzen, anziehen, wieder umziehen, weil beim Zähneputzen
gekleckert wurde, am besten noch nebenbei die Wäsche zusammensuchen und den im
Kopf den Einkaufszettel für den nächsten Drogeriemarkt-Besuch schreiben.
Klar, solches Multitasking ist – im Familienalltag und auch
sonst im Leben - manchmal praktisch. Aber es führt eben auch dazu, dass man
ständig gestresst ist und nicht das Gefühl hat, die Zeit mit den Kindern
wirklich achtsam zu genießen. Und auch die Kinder (zumindest meine) lassen mich solche
Unachtsamkeiten schnell spüren – oft, indem sie dann irgendwann noch mehr
Aufmerksamkeit einfordern und ich noch gestresster bin…
Wie können wir also die Körperflege der Kinder bewusster und
achtsamer gestalten? Dafür habe ich in den letzten Wochen die klassischen
Situationen bei uns genauer unter die Lupe genommen und verschiedene
Möglichkeiten ausprobiert, diese achtsamer zu gestalten:
Mehr Achtsamkeit beim Wickeln, Waschen und Baden
Meine Große wird mit ihren 3,5 Jahren nicht mehr gewickelt,
aber der Kleine mit seinen 14 Monaten noch recht häufig. Nimmt man dann noch
das Waschen, Zähne Putzen und Baden mit hinzu, verbringen wir so über den Tag
doch erstaunlich viel Zeit im Bad. Eine tolle Gelegenheit also, durch kleine
achtsame Übungen, Spiele und Rituale ganz nebenbei mehr Achtsamkeit in unseren
Familienalltag einfließen zu lassen:
Sprachlich begleiten
Klar, mein kleiner Sohn versteht mit seinen 14 Monaten noch nicht wirklich, was
ich da sage. Aber die immer gleichen Abläufe und die begleitenden Sätze helfen
ihm sicherlich, sich auf die verschiedenen Schritte und die damit verbundenen
Sinneseindrücke und Bewegungen einzuordnen. Und mir hilft das Verbalisieren der
einzelnen Schritte, diese langsamer, bewusster und achtsamer auszuführen.
Kind einbeziehen
Je nach Alter kann das Kind schon einige Schritte der Körperpflegeroutine
mitmachen – und sich vielleicht sogar dabei im Spiegel anschauen? Den Lappen nass
machen, die Windel aufmachen oder sich systematisch einseifen kann mein Kleiner
noch nicht alleine – aber auch er kann mit seinem eigenen kleinen Lappen schon
seinen Mund oder seine Hände sauber oder zumindest nass machen 😉,
die Windel oder Creme für mich festhalten und mir geben, mit einer dieser
kleinen Lernzahnbürsten „vorputzen“, sich (mit) eincremen, etc....
Besonders spannend ist es natürlich auch, wenn ein
Geschwisterchen bei der (achtsamen) Körperpflege des
anderen einbezogen werden kann, weil sie dann eben nicht nur fühlen, sondern
auch sehen können, was beim Wickeln passiert. Im Sinne der Achtsamkeit klappt
das bei uns allerdings nur bedingt: Meine Große macht dann z.B. gerne Faxen für
den Kleinen, spielt Kuckuck, etc.. Er findet das zwar meist total lustig, aber
wir beide sind dann eben zu sehr abgelenkt für wirkliche Achtsamkeitsrituale…
Spielerisch vorgehen
Bei meiner Großen haben wir am Ende ihrer Windelzeit das Wickeln gerne als
Spiel gestaltet bzw. in ihr Spiel (ihr liebstes Rollenspiel seit jeher:
Mutter-Vater-Kind) eingebunden und z.B.
ihr Kuscheltier mit gewickelt. Auch Baden und Zähneputzen mussten unsere
Kuscheltiere schon so manches Mal über sich ergehen lassen.
Lieder und Fingerspiele rund um die Körperteile eignen sich
gut, um das Wickeln, Waschen oder Baden zu begleiten und gleichzeitig ein
Bewusstsein für die verschiedenen Körperteile zu wecken. Wir singen z.B. zum
Wickeln gerne „Wozu sind unsere Hände / Füße, etc. da in leicht abgewandelter
Form: Die Körperteile sind dann nicht zum Winken, Zappeln etc., sondern zum
Streicheln (bzw. gestreichelt werden) oder Waschen (bzw. gewaschen werden ) da.
Man kann auch die einzelnen Körperteile der Reihe nach begrüßen, küssen, oder
ein Handtuch- oder Schwammtier darüber streichen lassen.
Natürlich kann man die Körperpflege auch mit einer kleinen Massage
oder dem gemeinsamen Eincremen (letzteres macht natürlich vor dem Spiegel
besonders viel Spaß und verbessert das Körperbewusstsein) verbinden und dadurch achtsamer gestalten.
Geeigneten Ort wählen
Damit sich Eltern und Kind auf die Körperpflege bzw. aufeinander konzentrieren
können, ist es hilfreich, einen ruhigen Ort zu haben, an dem sich alle
Beteiligten wohl fühlen. Wenn das aus Platz- oder Sicherheitsgründen nicht der
klassische Wickeltisch ist, kann man auch prima z.B. auf dem Boden wickeln.
Aber eine gemütliche Unterlage und ein angenehm gestalteter Wickelplatz mit
allen benötigten Gegenständen in griffbereiter Position helfen unserer
Erfahrung nach sowohl dem Kind als auch den Eltern, sich wirklich auf das
Wickeln bzw. aufeinander zu konzentrieren.
Zum entspannten Waschen und Baden ist zudem eine angenehme
Raumtemperatur hilfreich (was auch bedeutet, dass es im Bad nicht so heiß ist,
dass sich die Eltern nicht einen abschwitzen 😉).
Kind im Blick behalten
Ich möchte an dieser Stelle einmal ganz eindrücklich betonen,
dass das Ganze nicht (wie in manchen schlauen Ratgebern suggeriert) einer
einfachen wenn-dann-Regel folgt à la „Wenn ich einfach nur alles „richtig“
mache, liegt mein Kind immer schön „brav“, gut gelaunt und stundenlang auf dem
Wickeltisch bzw. sitzt in der Badewanne und wir sind alle entpannt, achtsam und glücklich.“ Je nach Tagesformen und
Entwicklungsphasen wird es sicherlich immer (längere oder kürzere) Phasen
geben, in denen das Kind keine Lust hat auf noch so achtsame Unterhaltungen, Singen,
Massagen oder Spiele.
Ein Grund für solchen Widerwillen kann sein, dass das Kind
nicht zum Wickeln, Baden etc. aus seinem Spiel herausgerissen werden möchte. In
diesem Fall hilft es, die Körperpflege-Einheit rechtzeitig anzukündigen und evtl. einen
Kompromiss anzubieten, z.B. das heiß geliebte Spielzeug mitzunehmen oder so
beiseite zu legen, dass das Kind später damit weiter spielen kann.
Manchmal hat der Unwillen aber auch andere, vielleicht auch
nicht so einfach zu erkennende Gründe. Zum Beispiel war bei uns vor allem bei
der Großen das Baden phasenweise wirklich schwierig und anstrengend für alle
Beteiligten. Zum Glück ist das mittlerweile besser geworden – durch welche unsererd iversen Maßnahmen und Versuche, ist unklar, aber wahrscheinlich einfach
durch die Zeit…
In so einem Fall können natürlich unter Umständen auch achtsame
Übungen, Spiele und Rituale helfen – aber vielleicht ist die Körperpflege
vielleicht einfach (in dem Moment, an dem Tag oder in der Phase) nicht die
passende Gelegenheit für die Achtsamkeitspraxis.
Habt ihr weitere
Tipps und Erfahrungen zur achtsamen Körperpflege mit Babys und Kleinkindern?
Oder habt ihr andere Beispiele, wie und wo man den Familienalltag mit kleinen
Kindern achtsam(er) gestalten kann? Ich bin gespannt auf eure Kommentare!
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