Welche Kleinkind-Eltern kennen und fürchten sie nicht - die
berühmt-berüchtigten Wutanfälle? Zugegeben, bei uns sind die jetzt nicht immer spektakulär-klischeehaft
mit um sich Schlagen und auf den Boden Werfen – an den elterlichen Nerven zehrt
das Ganze aber trotzdem, vor allem an so Tagen, an denen die Nerven ohnehin
dünn sind und Nörgelei und Schreianfälle
scheinbar nahtlos ineinander übergehen. In solchen Momenten stoßen dann auch
meine guten Vorsätze, die gemeinsame Zeit zu genießen und denBedürfnissen aller Familienmitglieder gerecht zu werden, an ihre Grenzen. Neben
Müdigkeit, Hunger und Überforderung gibt es bei uns noch eine andere häufige
Ursache für Wutanfälle: Missverständnisse zwischen dem Kleinkind, das seine Bedürfnisse und
Gefühle verbal noch nicht so gut ausdrücken kann, und den Eltern, die die
Ausdrucksversuche ihres Kindes nicht oder falsch verstehen. Und diese Kombi kann sich dann ja so richtig schön hochschaukeln.... Passend zur Blogparade der lieben Julia von Milchtropfen habe ich mal ein paar klassische
Missverständnis-Situationen zwischen Eltern und Kleinkind aus meinem
Mama-Alltag gesammelt.
Ursachen für Missverständnisse zwischen mir und meiner Tochter
Ich finde es ja immer total schwer, diese
kleinkindlichen Wutanfälle tiefenentspannt und mit Engelsgeduld zu begleiten - vor allem, wenn dann auch noch mehr oder wenige wohlwollende Zuschauer im Spiel sind, und das Baby aus Solidarität auch noch schön mit anfängt zu brüllen, komme ich immer wieder ganz schön ins Schwitzen 😉. Wenn ich es dann aber (zumindest im Nachhinein...) doch mal schaffe, das Ganze in Ruhe zu betrachten und nochmal die klassischen Missverständnis-Situationen
zwischen mir und meiner Tochter ab Beginn des Kleinkindalters anschaue, gibt es
im Prinzip drei Auslöser für Missverständnisse zwischen uns:
- Ein unterschiedliches Verständnis von Wörtern und Grammatik
- Ein unterschiedliches Verständnis von Zeit
- Ein unterschiedliches Verständnis von Mitteilungsabsichten
1. Unterschiedliches Verständnis von Wörtern und Grammatik
Wenn ein (Klein-)Kind ein bestimmtes Wort noch nicht beherrscht und mit Mimik und Gestik nicht weiterkommt, benutzt es oft einen Platzhalter, z.B. das allseits beliebte „Da“ oder „Das da“. Das kann je nach Situation durchaus hilfreich sein – wenn man aber z.B. mit dem Kind auf dem Arm vor einem gut gefüllten Kühlschrank voller Lebensmittel steht, leider weniger. Ich weiß, Profi-Eltern werden jetzt angesichts so viel elterlicher Inkompetenz müde mit den Augen rollen – aber ich musste als junge Mama erst mühsam lernen, dass das ohnehin keine so gute Idee ist 😉.
Während man bei „Da“ oder „Das da“ noch relativ gut erkennen
kann, dass es sich hier um Platzhalter handelt, und meist auch aus dem Kontext
irgendwie erschließen kann, was gemeint ist (notfalls, indem man den gesamten
Kühlschrank ausräumt 😉), ist das deutlich schwieriger, wenn das
Kind „falsche“ Wörter verwendet, weil es die „Richtigen“ noch nicht kennt.
Zum Beispiel hat unsere Tochter eine Zeitlang zu allen Brotbelägen
(also auch Wurst, Frischkäse und Marmelade) „Käse“ gesagt, und alle möglichen
kleinen Fissel-Fummel-Objekte (spielen eure Kinder auch so gerne mit Knöpfen,
Reißverschlüssen, Schrauben usw.?) sind auch jetzt noch gerne mal „Schlüssel“.
Und auch bei den Präpositionen (auf, unter, über, unter, usw.) geht es schon
mal gerne drunter und drüber…
Aber nicht nur wir verstehen sie manchmal nicht oder falsch.
Auch ich benutze manchmal schwer verständliche Ausdrücke, ohne darüber
nachzudenken. Nein, damit meine ich jetzt nicht Fremdwörter oder so.
Aber zum Beispiel bei „Komm (bitte 😉) hierher“ oder „Lass das (bitte 😉).“ ist
durchaus nicht immer klar, wo bzw. was denn genau gemeint ist – zumal
die Kinder die Fähigkeit, sich in andere und deren Perspektive
hineinzuversetzen, erst im Alter von 3-5 Jahren entwickeln.
2. Unterschiedliches Verständnis von Zeiten
Zeitgefühl ist ja ohnehin schon etwas sehr Individuelles - z.B.
vergeht für mich die Zeit auf dem Spielplatz gefühlt deutlich schneller, wenn ich
mit einer befreundeten Mami quatschend die friedlich spielenden Kinder
beobachte, als wenn ich das Baby im Tragetuch stillend mein brüllendes
Kleinkind durch einen Wutanfall begleite 😉.
Zwischen (Klein-)Kindern und Erwachsenen ist dieser
Unterschied noch einmal größer, weil Kinder noch völlig im Hier und Jetzt
leben. Wenn ein Kind also etwas möchte (z.B. etwas essen, mit Mama spielen,
etc.), dann möchte es das JETZT SOFORT und hat für Konzepte wie „gleich“ oder
„in einer Minute“ wenig Verständnis.
Anders herum muss ich ehrlich zugeben, dass ich es mit
solchen Aussagen auch nicht immer so genau nehme. Wie häufig sage ich „Mama
kommt sofort / gleich“, meine damit aber eher „Wenn ich mit dem Stillen /
Kochen, Aufräumen, etc. fertig bin…
Was bei uns auch manchmal zu Missverständnissen führt, ist
die Tatsache, dass mein Kleinkind manchmal einfach einen Moment braucht, um
eine Information oder Aufforderung zu verstehen und in die Tat umzusetzen. Wenn
ich also z.B. vom Spielplatz losgehen möchte, und meine Tochter nicht sofort
mitkommt, werde ich oft zu schnell ungeduldig. Dann komme ich schnell in Versuchung, sie ungeduldig nochmal (nachdrücklicher)
aufzufordern und am besten noch ihre Sandsachen schon mal einzusammeln –
Wutanfall vorprogrammiert. Dabei reicht
es manchmal, einfach einen Moment abzuwarten, bis sie sich auf die neue
Situation eingestellt und eventuell noch ihr Spiel beendet und ihre Sandsachen
selbst eingeräumt hat, und sie kommt ganz friedlich mit…
3. Unterschiedliches Verständnis von Mitteilungsabsichten
In der Sprachwissenschaft gibt es ein schlaues Modell, nach
dem Kommunikation immer auf vier Ebenen stattfinden kann. Um mal bei dem vom
Spielplatz-Losgehen-Beispiel von eben zu bleiben, kann der Satz „Ich möchte
jetzt losgehen“ demnach verschiedene Dinge ausdrücken:
- Inhaltsebene: Ich möchte losgehen.
- Selbstoffenbarungsebene: Ich möchte nicht mehr hierbleiben.
- Appellebene: Ich möchte, dass du mitkommst.
- Beziehungsebene: Ich entscheide für uns beide, dass wir jetzt losgehen.
Ob das jetzt genauso passt mit diesen vier Ebenen, sei mal
dahingestellt, aber die Grundidee, dass in einer Aussage oft mehrere Ebenen
mitschwingen, erklärt tatsächlich viele Missverständnisse, auch aus dem Alltag
mit kleinen Kindern. Denn ist es schon schwer für Erwachsene, zu erkennen, was
das Gegenüber jetzt unterschwellig ausdrücken will oder auch, die eigene
Mitteilungsabsicht klar zu kommunizieren, ist das für kleine Kinder fast
unmöglich, da sie sich noch nicht (vollständig) in andere hineinversetzen
können.
Kleine Kinder verstehen bei einer Aussage oft nur die Inhaltsebene.
Wenn wir also davon ausgehen, dass der Satz „Ich möchte losgehen“ automatisch
dazu führt, dass unser Kind anfängt, seine Sandsachen einzuräumen, und bei uns
an der Hand vom Spielplatz zu marschieren, führt das zwangsläufig zu Konflikten.
Ist übrigens ähnlich (hab ich mal gehört 😉) bei einigen Männern, die auf den Satz hin
„Ist das hier unordentlich.“ Jetzt auch nicht unbedingt sofort anfangen, die
Wohnung zu putzen…
Umgekehrt kommt es bei uns auch häufiger zu
Missverständnissen, wenn meine Tochter auf der Inhalts-oder
Selbstoffenbarungsebene kommuniziert, ich dies aber so empfinde, dass sie mich
herumkommandiert oder frech ist. Klassisches Beispiel wieder beim Losgehen vom
Spielplatz (ja, ich gehe tatsächlich oft und meist gerne auf den Spielplatz
😉):
Wenn ich sage, dass ich jetzt losgehen
möchte, antwortet sie mit „Nein“ und rennt ein Stück weg, um dann seelenruhig
weiter zu spielen. Dazu dann noch ein netter Kommentar von einer herumstehendem
Oma à la „Die weiß auch, was sie will.“, und ich sehe schön auf der
Beziehungsebene meine gesamte elterliche Autorität in Frage gestellt. Dabei
wollte mir meine Tochter vermutlich nur sagen, dass sie noch nicht bereit ist,
nach Hause zu gehen – und würde aus allen Wolken fallen, wenn ich plötzlich ankommen
und sie vom Spielplatz zerren würde…
Fazit
Kinder kommunizieren anders als Erwachsene – teils, weil
ihnen noch das gesamte „Werkzeug“, also die Wörter und sprachlichen Mittel zur
Verfügung stehen, teils, weil sie noch nicht die kognitiven Voraussetzungen
haben, um sich in andere hineinzuversetzen und die verschiedenen Bedeutungen
einer Aussage mitschwingenden zu entschlüsseln.
Klar, die daraus entstehenden Missverständnisse erscheinen oft banal und
sind bei guter Laune und (einigermaßen😉) rationalem Verstand ja meist relativ
schnell aufgeklärt… Aber in der Situation ist das eben manchmal schwierig. Und
mir zumindest hilft es manchmal, die Ursachen für das Missverständnis zu
verstehen und dann (idealerweise, vielleicht, ab und zu 😉)
zu vermeiden….
Wie ist das bei euch?
Was führt besonders häufig zu Kleinkind-Wutanfällen, und wie geht ihr damit um?
Ich bin gespannt auf eure Kommentare!
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Das kenne ich noch zu gut. Die Große kann sich nun zum Glück schon immer besser verständigen, bei der Kleinen fängt es jetzt erst so richtig an, sie versucht sich zu verständigen und wir raten was sie meint.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Lisa von hierkommtmama.de
Liebe Lisa,
Löschenoh ja, da bin ich auch schon sehr gespannt, wie das bei unserem Kleinen wird... auch, ob sich die Kinder untereinander besser verstehen, als wir Eltern ;-)?!
Liebe Grüße,
Anne
Das kommt mir alles sehr bekannt vor! :-). Meine Tochter wächst dreisprachig auf, und ich kann gar nicht zählen wie viele Wutanfälle sie als Kleinkind hatte, da sie die "falsche" Sprache verwendet hat und ihr Gegenüber sie - für sie selbst vollkommen unverständlich - nicht verstanden hat...
AntwortenLöschenLiebe Eva,
Löschenoh wow, ja, das kann ich mir vorstellen, dass das schwierig war, auch für euch als Eltern neben allen möglichen Bedeutungen aus der Situation heraus auch noch die Möglichkeiten in den verschiedenen Sprachen durchzuscannen ;-)
Liebe Grüße,
Anne
Glücklicherweise kommt das - bis jetzt - noch nicht so häufig bei uns vor. Aber wer weiß, was nicht noch alles kommt!
AntwortenLöschenWutanfälle kommen meist nur vor wenn er seinen Kopf durchsetzen möchte, bspw. liebt er es ewig Hände zu waschen und mit dem Wasser zu spielen. Manchmal hört er nicht auf wenn ich es sage und dann trotz er halt kurz wenn der Wasserhahn aus ist.
Liebe Mel,
Löschenoh ja, solche Situationen kenne ich auch nur zu gut... Manchmal reicht es einfach nicht zur Wutanfallvermeidung, dass alle ihre Position (teilweise sehr nachdrücklich;-)) kommunizeren können...
Liebe Grüße,
Anne
Das kenne ich seeeehr gut! Habe selbst eine fast 2-jährige Tochter! Über ihren ersten Wutanfall habe ich auch einen Blogbeitrag unter www.fulltime-mami.blogspot.com verfasst! Bei Interesse gerne mal reinschauen 😉!
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